Nehmet und esset alle davon (2006) / vergoldete Müllcontainer und Brot
"Schon beim Aufbau seines Objektes gab es unter den Kirchenbesuchern heftigen Protest dagegen. Das kann man doch nicht machen, Brot in den Müllcontainer werfen, das könnte man doch noch an Bedürftige verteilen, woanders wäre man froh über ein Stück Brot, hier wird es weggeworfen. Ich fragte eine aufgebrachte Besucherin, ob sie nicht mithelfen wolle, das Brot an die Bedürftigen weiterzurreichen, es sei zwar schon alt und hart, aber sie könne ja auch eine Geldspende für 'Brot für die Welt' machen, das würde auch schon helfen. Ohne Antwort wandte sie sich ab.
Alessandro Grassi hat dieses Brot am Wochenende von Bäckereien eingesammelt, die es nicht mehr verkaufen konnten. Jeden Tag muss solches Brot bei Tausenden von Bäckereien weggeworfen werden, hoffentlich bekommen es noch die Schweine und die Pferde. Gerade im Zusammenhang mit Brot ficht uns dieser Vorgang emotional mächtig an. Aber was denken wir bei Tomaten, die tonnenweise ins Meer geschüttet werden, um den Marktpreis stabil zu halten. Gleiches bei Getreide und unzähligen anderen Lebensmitteln. Hungern müsste niemand auf dieser Welt, es ist genug für alle da.
'Nehmet und esset alle davon', nennt Alessandro Grassi sein Werk und erinnert an das letzte Abendmahl Christi. Der verbeulte, aber doch vergoldete Container gibt dem Werk etwas Wertvolles, dem feierlichen Kircheninneren durchaus Angemessenes. Dieses Objekt ist nicht zynisch, sondern es legt lediglich den Finger in die Wunde."
Prof. Lienhard von Monkiewitsch, anlässlich der Eröffnung der Ausstellung "in situ" in der Marktkirche Goslar, Juli 2006